Chorweiler: Der faszinierende Wandel von Kölns nördlichstem Bezirk
Chorweiler ist ein Stadtbezirk im Norden von Köln und ein Vorzeigeprojekt für eine gelungene Umgestaltung eines urbanen Lebensraums. Von der Verheißung über den Abstieg bis hin zum attraktiven Wohngebiet bietet das knapp 1,9 Quadratkilometer große Areal eine bewegte Geschichte und eine Erfolgsstory eines einstigen Problembezirks.
Vom Dorf zur größten Hochhaussiedlung Westdeutschlands
Eine wesentliche Herausforderung der Kölner Stadtplanung in den 1950er Jahren war es, den steigenden Bedarf an Wohnraum zu decken. Die Vision dazu hatte Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer bereits Ende der 1920er Jahre gehabt: Mit einer Siedlung vor den Toren der Stadt wollte er den Mangel an Wohnraum beseitigen und ausreichend Platz für Familien schaffen. Das geeignete Gelände dazu fand man im Norden der Stadt, etwa auf halbem Weg nach Dormagen.
Ursprünglich war Chorweiler ein kleines, von landwirtschaftlichen Flächen umgebenes Dorf. In den 1960er Jahren begann in Chorweiler der Bau von Hochhäusern, Wohnblöcken und Einzelgebäuden. Ziel war es, möglichst viele Wohnungen für die wachsende Bevölkerung zu schaffen und den Bezirk als modernen Wohnkomplex zu gestalten. Mit Platz für 40.000 Personen konnte der Wohnungsnot deutlich entgegengewirkt werden.
Die damals errichteten Hochhäuser prägen noch heute die Skyline des Stadtteils. 1964 erhielt das Gebiet seinen Namen, der sich aus dem im Gelände liegenden Feuchtgebiet Chorbusch und dem Stadtteil Weiler zusammensetzt. Anfang der 1970er Jahre wurde der erste Teil der neuen Siedlung bezogen. Der Bezirk erhielt mit dem S-Bahnhof Chorweiler eine eigene Station und gewann damit weiterhin an Attraktivität.
Als größte Wohnhaussiedlung in Westdeutschland erregte der Stadtteil im Norden Kölns einiges Aufsehen. Es wurden sogar Postkarten angeboten, mit denen sich Grüße aus Chorweiler verschicken ließen.
Chorweiler als Verheißung
Die umfangreichen Bauprojekte in Chorweiler machten sich bezahlt. Die Wohnungen waren begehrt, viele Familien kamen und blieben. Der Bezirk entwickelte sich schnell zu einer lebendigen Gemeinschaft. Die Bevölkerung wuchs stetig, und Chorweiler wurde zu einer beliebten und bezahlbare Wohngegend insbesondere für junge Menschen mit Kindern.
Die Architektur des Bezirks zeigte eine moderne und innovative Gestaltung. Die Planer hatten auf groß angelegte Wohnsiedlungen gesetzt, die durch Grünflächen, Fußgängerwege und öffentliche Plätze verbunden waren. Ein wichtiger Aspekt der Neugestaltung war die Schaffung einer ausgeglichenen sozialen Infrastruktur mit Schulen, Ärzten, Einkaufszentren, Sporteinrichtungen und kulturellen Angeboten. Chorweiler war wie eine eigene kleine Stadt, die man eigentlich nie verlassen musste.
Im Jahr 1975 wurde Chorweiler schließlich offiziell in die Stadt Köln eingemeindet. Dies war ein bedeutender Schritt, um den Bezirk weiterzuentwickeln und in die städtische Infrastruktur von Köln einzubinden. Die eigenständige lokale Regierung mit gewählten Vertretern löste sich auf und Chorweiler fiel unter die Zuständigkeit der übergeordneten Stadtverwaltung. Entscheidungen wurden nun auf einer breiteren Ebene getroffen und der Bezirk erhielt Zugang zu einem größeren kommunalen Budget, was Investitionen in Infrastrukturprojekte, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung und öffentliche Dienstleistungen ermöglichte.
Der Abstieg zum Problembezirk
Der soziale Abstieg Chorweilers war praktisch vorprogrammiert. Der Bezirk war als eine sogenannte Trabantenstadt erbaut worden, um den wachsenden Bedarf an Wohnraum zu decken. Die architektonische Planung der Siedlung konzentrierte sich auf Effizienz und Schnelligkeit, wodurch die soziale Durchmischung vernachlässigt wurde. Es entstanden hohe Wohnblöcke, die als Sozialwohnungen konzipiert waren und vor allem einkommensschwächere Familien anzogen. Diese Konzentration von finanziell schlechter gestellten Haushalten führte zu einem negativen Image des Stadtteils, da soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität zunahmen.
Ein hoher Anteil an Sozialhilfe-Empfängern, Alleinerziehenden und Ausländern kennzeichnete die Realität, die sich in den Jahren nach der Bebauung einstellte. Zudem trugen Mängel in der Infrastruktur zur Verschlechterung der Situation bei. Chorweiler war isoliert von anderen Stadtteilen angelegt worden und nur begrenzt an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Einkaufsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen und das Freizeitangebot waren begrenzt, was für ein verstärktes Gefühl der Abgeschiedenheit und des Mangels an Optionen sorgte. Der Stadtteil wurde vernachlässigt und die Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner nahm zunehmend ab.
Mit der Stigmatisierung von Chorweiler durch die Medien entstand ein Teufelskreis, der das Image des Bezirks zusätzlich beschädigte. Berichte über Kriminalität und soziale Probleme in Chorweiler häuften sich und nährten Klischees. Unternehmen und Investoren scheuten den Stadtteil, was die wirtschaftliche Entwicklung behinderte und Arbeitsplätze knapp werden ließ.
Eine Abwertung durch die umliegenden Gebiete verstärkte die räumliche und soziale Isolation von Chorweiler. Der Bezirk hatte somit mit einigen Problemen zu kämpfen, so war in der Vergangenheit neben der Arbeitslosenquote auch die Selbstmordrate hoch. Der Verkauf der Sozialwohnungen an fragwürdige Investoren verbesserte die Situation für die Einwohner Chorweilers nicht. 2016 waren laut Sozialbüro der katholischen Kirche 70 Prozent der Wohnungen im Stadtteil in einem bedenklichen oder schlechten Zustand.
Weg vom schlechten Image
Dem schlechten Image wird das Chorweiler von heute nicht mehr gerecht. Die Kölner Stadtverwaltung hat sich inzwischen den Problemen des Bezirks gestellt und schreibt vermehrt Gestaltungsprojekte für Chorweiler aus. Die ehemalige Trabantenstadt im Norden hat sich zu einer ansprechenden Wohngegend gemausert, die an vielen Ecken in neuem Glanz erstrahlt. Sie hat viel Natur und mittlerweile eine adäquate Infrastruktur zu bieten.
Auch das Image soll verbessert werden. Geworben wird mit neu gestalteten Plätzen und dem üppigen Grün. Der Stadtteil Chorweiler grenzt im Osten an Fühlingen mit seinem gleichnamigen See. Hier finden das ganze Jahr über Sportveranstaltungen, Festivals und andere Feierlichkeiten statt. Für die Anwohner bedeutet der See mit umliegender Landschaft Nähe zur Natur und Zugang zu kulturellen Angeboten. Das Gewässer ist eine erstklassige Anlaufstelle für sportbegeisterte Personen. Vom Sporttauchen bis zum Windsurfen kommen Wasserratten mit Bewegungsdrang auf ihre Kosten.
Für umfassende Einkaufsmöglichkeiten ist mit dem City-Center Chorweiler am Liverpooler Platz gesorgt. 100 Shops garantieren, dass es der Bevölkerung an nichts mangelt. Mehr Abwechslung im Bezirk gewähren das Freizeitbad Aqualand und die Kletterhalle Canyon Chorweiler.
Nicht nur die Eröffnung neuer sozialer Einrichtungen und das verstärkte Angebot an kulturellen Aktivitäten gehören zum Entwicklungsplan der Verwaltung. Mit Fassadenverschönerungen wie am Pariser Platz sollen der Tristesse der Trabantensiedlung entgegengewirkt werden. An den Balkonen des Hochhauses an der Florenzer Straße wurden Blumenskulpturen des freischaffenden Kölner Künstlers Bernward Prinz angebracht, die dem Bau ein freundliches Aussehen verleihen und mehr Farbe ins Stadtbild bringen.
Das heutige Chorweiler
Die Bemühungen, die Herausforderungen anzugehen und den Stadtteil zu revitalisieren, zeigen mittlerweile Wirkung. In den vergangenen Jahren hat die Stadt Köln erhebliche Investitionen in die Neugestaltung von Chorweiler getätigt. Mit dem Ziel, die Lebensqualität für die Bewohner zu verbessern und das Image des Bezirks zu stärken, wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen wie die Modernisierung der Infrastruktur, die Aufwertung öffentlicher Räume und die Förderung der sozialen Integration.
Heute ist Chorweiler ein vielfältiger und lebendiger Stadtteil, der sowohl eine moderne Architektur als auch grüne Oasen bietet. Die Bewohner schätzen die Nähe zur Natur und die gute Anbindung an das Stadtzentrum von Köln. Dank einer gezielten Entwicklungspolitik hat sich Chorweiler zu einem attraktiven Wohnort entwickelt, der sowohl für Familien als auch für junge Berufstätige geeignet ist.
Die Geschichte von Chorweiler ist ein Beispiel dafür, wie ein Bezirk im Laufe der Zeit transformiert und weiterentwickelt werden kann. Durch Eingemeindung, städtebauliche Planung und Investitionen in die Infrastruktur konnte Chorweiler schließlich zu einem erfolgreichen und lebenswerten Stadtteil heranwachsen, der eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept der Stadt Köln spielt.
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