Herr Paul, nach einem Jahr Pause gastieren Sie mit Roncalli wieder auf dem Kölner Neumarkt – zum insgesamt 15. Mal seit 1981. Warum zieht es Sie immer wieder nach Köln?
Bernhard Paul: Köln und Roncalli gehören einfach zusammen – und das nicht nur, weil wir hier in der Stadt seit Jahrzehnten unser Winterquartier haben. Hier in der Stadt haben wir nach dem Neustart 1980 die Premiere des Programms „Die Reise zum Regenbogen“ gefeiert und haben unser damaliges Gastspiel wegen des großen Zuspruchs auf drei Monate verlängert. Seither gab es unzählige Vorstellungen vor begeistertem Publikum. Köln ist für mich zu meiner zweiten Heimat geworden.
Vivi Paul: Ich mag Köln auch unheimlich gerne. Ich habe hier ja einige Jahre gelebt, bevor das Circusblut wieder durchgekommen ist. Die Menschen sind sehr offen und es gibt viele Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Auf der anderen Seite ist man schnell im Grünen, beispielsweise am Rhein.
Welches ist eigentlich Ihre Lieblingsnummer im aktuellen Programm?
Vivi Paul: Oh, das ist schwer zu sagen, weil ich alle mag und natürlich auch die Artisten gut kenne. Ich finde beispielsweise die Reck-Nummer der Rokashkovs sehr gut, weil es etwas Neues ist, der Auftritt viele schwierige Elemente beinhaltet und gleichzeitig eine wunderbare Liebesgeschichte erzählt.
Und Ihre, Herr Paul?
Bernhard Paul: Grundsätzlich finde ich neue Nummern immer sehr spannend – auch zu sehen, wie die Zuschauer darauf reagieren. Weil ich selbst als Clown in der Manege stehe sind die Clowns meine Seelenverwandten. Und da haben wir in dieser Saison eine sehr gute Nummer.
Dass Ihre drei Kinder nun auch alle in der Manege stehen, sehen Sie durchaus mit gemischten Gefühlen?
Bernhard Paul: Ja – ich war anfangs nicht begeistert.
Vivi Paul: Du wusstest das mit unserer Rollschuhnummer ja lange Zeit gar nicht, weil wir heimlich geprobt haben.

"Les Paul" - Vivi, Adrian und Lili wirbeln zusammen mit Jemile Martinez auf
Rollschuhen durch die Manege (Foto: Roncalli)
Warum heimlich?
Vivi Paul: Wir hatten Angst, dass unser Vater es nicht will. Er ist halt immer sehr besorgt.
Bernhard Paul: Ja, das stimmt schon. Es ist halt gefährlich. Und im Hinblick darauf, dass meine Kinder hoffentlich irgendwann den Circus übernehmen, wollte ich eigentlich, dass sie eher die Abläufe im Hintergrund kennenlernen als in der Manege zu stehen. Aber es ist nun einmal ihr Traum – dann sollen sie den leben, wie ich es auch getan habe. Drei wunderbare Kinder zu haben, die irgendwann den Circus übernehmen werden, ist ein Glücksfall.
Denken Sie denn akut schon daran, sich zurückzuziehen?
Bernhard Paul: Ich glaube, dass die drei noch nicht so weit sind, dass ich das tun könnte. Es ist halt nicht ganz leicht, erfolgreich einen Circus zu führen, weil man von vielem Ahnung haben muss: Wir sind ja zugleich Spedition, Theater, Handwerksbetrieb und noch einiges mehr. Aber es ist auch eine schöne Aufgabe.
Aber wenn es so weit ist, möchten Sie das Ruder abgeben?
Bernhard Paul: Ja – und ich glaube, es wird mir auch nicht schwer fallen, loszulassen. Der Circus ist wunderbar, aber ich habe auch andere Interessen, für die momentan viel zu wenig Zeit bleibt. Ich male beispielsweise gerne, die Musik kommt derzeit auch zu kurz. Und ich bekomme regelmäßig Vortrags-Anfragen. So soll ich beispielsweise Managern erklären, was sie vom Circus lernen können.
Bernhard Paul (Foto: Roncalli)
Manager wechseln gerne schon mal den Arbeitgeber. Haben Sie in den vergangenen 40 Jahren einmal darüber nachgedacht, alles hinzuwerfen und etwas anderes zu machen?
Bernhard Paul: Nein, nie. Es gibt zwar immer wieder schwierige Momente. Aber verglichen mit den ersten Jahren, in denen es viele massive Rückschläge gab und nach der Saison 1977 mein Traum vom Circus fast ausgeträumt war, geht es uns heute gut. Das Unangenehmste am Beruf ist die ganze Bürokratie.
Hat sich das Publikum im Laufe der Jahre eigentlich verändert?
Bernhard Paul: Es ist ungeduldiger geworden und hat ständig eine imaginäre Fernbedienung in der Hand. Wenn etwas zu lange dauert, wird weitergeschaltet. Ich musste im Laufe der Jahre also einige Kurskorrekturen vornehmen: Hatten wir früher in zweieinhalb Stunden acht Nummern, sind es heute zwölf. Aber mir ist es auch wichtig, nicht jedem Zeitgeist hinterherzuhetzen. Und mir ist Charlie Chaplin auch heute noch immer lieber als Cindy aus Marzahn.





